Auferstehung einer Rolleiflex

Rolleiflex 3.5 B


EINE ROLLEIFLEX 3.5 B FLIEGT ÜBER DEN TEICH

Diese Geschichte über meine Rolleiflex 3.5 B erzähle ich immer wieder gerne – denn sie ist so unglaublich wie abwegig…die Kurzfassung lautet ungefähr so: Ich war im Februar tief im guatemaltekischen Dschungel unterwegs und traf dort einen amerikanischen Opalschürfer, der in Australien arbeitet und mit seinem besten Kumpel auf Guatemala-Reise ist. Wir verbringen 4 Abende damit, uns unter dem Dach des Regenwalds Reise- und Lebensgeschichten zu erzählen worauf die Sprache natürlich irgendwann auf die Fotografie fällt. Begeistert von meinen Arbeiten – und stutzig von einem Porträt mit der Rolleiflex meines Freundes Mehrdad von Qimago, bemerkt er nebenbei, das er auch noch so eine Kamera zu Hause liegen hat. Mein Interesse ist geweckt und ich hake nach. Es stellt sich heraus, das es wirklich eine Rolleiflex ist und sein Vater diese Kamera zu Lebzeiten geliebt hat. Nach seinem Tod bekam er das gute Stück und seitdem staubte sie auf seinem Dachboden ein.

Nach dem wir den Dschungel verlassen hatten und mit der ganzen Crew abends in der Zivilisation nochmal gemeinsam zu Abend aßen, meinte Bill (so heißt er), dass er mir die Kamera gerne schenken würde weil ihn meine Leidenschaft fasziniert und er sich wünscht, dass die Kamera ein “besseres” Leben hat als ungenutzt rumzuliegen. Dies machte mich sprachlos – aber wenn wir ehrlich sind…wie viele Dinge die wir im Urlaub sagen, passieren dann auch? Ich blieb realistisch und machte mir nicht all zu viele Hoffnungen.

Ca. eine Woche nachdem er nach Hause zurückgekehrt war, erhielt ich eine Email in der er mich nach meiner Adresse fragte. Er wolle die Kamera in den nächsten Tagen losschicken. Ich war baff! Bill stand zu seinem Wort und so vergingen daraufhin 2 Wochen in denen ich täglich den Sendungsstatus kontrollierte.

DIE ROLLEIFLEX KEHRT NACH DEUTSCHLAND ZURÜCK

Nach ca. 3 Wochen war die Lieferung dann endlich in Deutschland angekommen und eine kleine Recherche später hielt ich den Karton in meinen Händen…aufgeregt wie ein kleines Kind an Weihnachten/Geburtstag und Ostern – alles auf einmal. Nach dem Auspacken war ich erstmal fasziniert, wie gut das schöne Stück erhalten war. Klar – die Zeit hatte Spuren hinterlassen. Sie war staubig, die Lederhülle nur noch Brösel und der Verschluß “klebte”…aber ansonsten funktionierte Sie soweit ich das beurteilen konnte. Ein wenig Liebe brauchte sie aber dennoch – also bemühte ich Google um zu sehen, ob es in München jemanden gibt, der solche alten Kameras reparieren kann. Es dauerte nicht lange und ich stieß auf Gerard Wiener der seit 1975 einen Laden in der Innenstadt besitzt und dort alten analoge Kameras wieder zu neuem Glanz verhilft. Eine halbe Stunde später stand ich in diesem kleinen, unheimlich charmanten Laden und sprach mit einem alten Franzosen dem man die Leidenschaft für die alten Ladies förmlich ansieht. Er war entzückt über meine Kamera und schnell wurden wir uns einig.

Diese Woche konnte ich mein Schätzchen dann endlich abholen – und ich könnte nicht glücklicher sein! Sie funktioniert wieder reibungslos und der erste Film ist ganz dem edlen Spender gewidmet. Sobald die Rolle voll ist, gehen die Drucke nach Amerika zu Bill – in der Hoffnung, das sie dort einen schönen Platz bekommen und ihn immer an die Kamera seines Vaters erinnern, die nun ihr zweites Leben beginnen darf!

Ich habe ein wenig recherchiert und anhand der Seriennummer herausgefunden, dass es sich um eine Rolleiflex 3.5 B aus den Jahren 1954 – 56 handelt. Die Kamera ist also über 60 Jahre alt – und es ist faszinierend, das solch alte Technik mit ein wenig Hilfe wieder funktioniert wie am ersten Tag! Danke Monsieur Wiener für Ihre wundervolle Arbeit! Wenn ihr auch eine alte analoge Kamera habt, die etwas Zuwendung benötigt, schaut unbedingt bei Monsieur Wiener vorbei und bestellt ihm einen schönen Gruß von dem Mann mit der Rolleiflex. 🙂


GERARD WIENER – MEISTER DER ANALOGKAMERAS

Wiener Fotoreparatur-Schnellservice Landwehrstraße 12
80336 München
Telefon: 089 595072

Produktion: von 1945 bis 1949, um die 94.000 Exemplare
Format: 12 Aufnahmen a 6 x 6 cm auf 120er Rollfilm.
Aufnahmeobjektiv: Schneider-Kreuznach Xenar f3.5 75mm, beschichtet
Betrachtungsobjektiv: f2.8 f=75mm, beschichtet
Filter Bayonet: Beide Objektive, Größe 1

Parallaxenkorrektur
Belichtungseinstellung mit Belichtungswertskala (EVS)

Auslöser: Compur-Rapid X CR00 Zentralverschluß
Auslösezeiten: 1 bis 1/500 Sek. und Bulb
Flash Synchronisierung: Sync Anschluß vorne

X Synchronisation
Selbstauslöser
Schalter um die Doppelbelichtungssperre zu deaktivieren
Memo Scheibe auf Fokusrad
Benutzung von Rolleifix Stativgewinde möglich

Lackfarbe: schwarz
Lederfarbe: schwarz
Maße BxTxH: 99 x 96 x 146 mm
Gewicht: 980 Gramm

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