Vor wenigen Tagen ist mein Artikel “Filmentwicklung für Anfänger” veröffentlicht worden. In dem Artikel findet Ihr den Kontext zu diesem Artikel – und zwar alles was ihr für eure erste eigene Filmentwicklung benötigt und woran ihr denken müsst. In diesem Beitrag geht es jetzt um meine erste Erfahrung mit der Filmentwicklung.
Ehrlich gesagt, war ich etwas nervös – wie vor jedem “ersten Mal” nehm ich an – ich wollte alles richtig machen und Fehler vermeiden.
Edgar – ein guter Freund, hatte sich bereit erklärt, gestern mit mir in die Münchner Innenstadt zu fahren, und ein wenig im Schnee herumzuspazieren. Dabei wollte ich eine Rolle 35mm Kodak Tri-X 400 verschießen und diese später selbst entwickeln.
Es war ein wunderschöner, sonniger und milder Winternachmittag und die Location unserer Wahl war der Königsplatz mit seinen tollen Gebäuden und Strukturen – perfekt um ein paar Portraits und Detailaufnahmen zu machen.
DIE VORBEREITUNG
Ein paar Dinge, die ich vorneweg bedenken musste, waren: Ich wollte einen kontrastreichen Look erzielen, ein wenig mehr Korn auf dem entwickelten Film erhalten und nicht nur Porträts aufnehmen um eine gewisse Bandbreite an Bildern zum Experimentieren zu haben.
Den kontrastreicheren Look erhält man, indem man den Film “pusht” – ihn also anders belichtet als vom Hersteller vorgesehen. Das heißt in diesem Fall: Der Tri-X 400 hat eine “Boxspeed” – also eine Filmempfindlichkeit – von ISO 400. Ich habe den Film aber wie einen Film belichtet, der ISO 1000 hat. Wer eine Kamera mit Belichtungsmesser besitzt, muss vor dem Einlegen des Films die Empfindlichkeit an der Kamera einstellen. Dies geschieht bei Spiegelreflexkameras meist mit einem Wählrad oben links…schaut euch aber eure eigene Kamera besser nochmal genauer an. Anhand dieser Einstellung, weiß die Kamera, wie kurz oder lang sie (entsprechend der Filmempfindlichkeit) in den verschiedenen Lichtsituationen belichten muss. Trickst man die Kamera aus, und sagt ihr “der Film den du geladen hast, hat eine ISO von 1000…” anstatt ISO 400 – ist also demzufolge empfindlicher als in Realität – belichtet die Kamera dementsprechend kürzer (ca. 1.3 Blenden kürzer).
Die meisten werden hier jetzt schreien “…aber ist dann dein Film nicht unterbelichtet?” – und genau da kommt das Push-Verfahren zum Einsatz.
Ich hab eine Weile gebraucht, das Prinzip zu verstehen – aber jetzt macht es Sinn. Rechts seht ihr ein Beispiel mit einem Kodak Tri-X 400.
Ihr seht – der Trick wird erst durch die korrekte Entwicklung zum Schuh. Ich kompensiere bei der Entwicklung für die fehlende Belichtung und entwickle länger, um den Film wieder heller zu machen. Dies führt im Allgemeinen dazu, dass das Negativ kontrastreicher und körniger wird. Würde ich den Film pullen – also genau in die andere Richtung gehen, würde ich Kontrast verlieren, dafür aber ein feineres Korn erhalten. Hierbei steht also eure Kreativität im Vordergrund – aber zum subjektiven Teil des Ganzen komme ich zum Schluß.
DIE ENTWICKLUNG
Die Entwicklung selber hängt nun von einigen Faktoren ab:
1. Was für einen Film entwickle ich?
2. Wie habe ich ihn belichtet? (Boxspeed, Push/Pull)
3. Was für einen Entwickler verwende ich?
4. Wie ist der Entwickler anzuwenden?
5. Welchen Fixerer verwende ich?
6. Wie ist der Fixierer anzuwenden?
Fragen über Fragen – und wenn ich ehrlich bin, hat mich das anfangs sehr eingeschüchtert. Das Geheimnis liegt in der Methodik: gewöhnt euch an, euren Entwicklungsprozess gut vorzubereiten und ihn genau zu dokumentieren. Das hilft ungemein bei der Übersicht und ihr könnt im Nachhinein Rückschlüsse ziehen, falls etwas schief gelaufen ist oder ihr den Look verändern wollt. Mit der Zeit wird das sowieso zur Routine und ihr könnt mit den Werten experimentieren.
Fangen wir ganz vorne an und schreiben auf: Wir benutzen (in diesem Fall) einen Kodak Tri-X 400 und wollen ihn auf ISO 1000 pushen. Dank einer wundervollen Webseite die alle möglichen Kombinationen aus Filmen und Entwicklern referenziert hat, sind die Werte einfach herauszufinden. Die Seite heisst digitaltruth.com und die solltet ihr euch definitiv abspeichern. Also – als Entwickler benutze ich Adox Adonal (dort unter Rodinal zu finden) im Verhältnis 1+50 – laut Digitaltruth ergibt sich somit eine Entwicklungszeit von 16.5 Minuten bei ISO 800 – für ISO 1000 habe ich noch einmal 2 Minuten dazu gegeben. Ein separates Stopbad benötige ich bei Adonal nicht – hier reicht Wasser um die Entwicklung zu stoppen. Als Fixierer benutze ich Adox Adofix Plus im Mischungsverhältnis 1+9 und fixiere für 10 Min. Zum Wässern kommt die Ilford Methode zum Einsatz. Die Details folgen gleich.
Wenn ihr all diese Daten zusammengetragen habt, könnt ihr im Prinzip mit der Entwicklung beginnen. Bevor wir in die Schritt-für-Schritt Erklärung eintauchen, ein kurzer Hinweis: Dies ist ein wie ein Kochrezept. Haltet euch anfangs daran und schaut was für Ergebnisse ihr bekommt. Danach kann man variieren und experimentieren bis man “sein” Rezept gefunden hat.
MEIN FAZIT
Nach all der Vorbereitung, dem Ansehen von unzähligen Youtube Videos, dem Lesen von unzähligen Artikeln, dem Erwerben von Allem was nötig ist und dem ersten – erfolgreichen – Versuch der Filmentwicklung, bin ich angefixt! All das was wir besprochen haben, hat insgesamt gerade mal 45 Minuten gedauert – ungeübt und als Laie. Dazu kommen noch 1,5 Stunden Trocknungszeit. Der Moment, wenn man die Dose das erste Mal nach der Entwicklung öffnet und sich den Film ansehen kann, ist total spannend weil man sofort sieht, ob die Entwicklung geklappt hat und Bilder zu erkennen sind, oder ob es schiefgegangen ist.
Ich habe den Film nach dem Trocknen sofort in 5er Streifen geschnitten und digitalisiert. Mein Fazit zu der ersten Runde: Die Bilder sind toll geworden! Alles war korrekt belichtet und entwickelt und dafür, das es ein Test war, sind wirklich schöne Aufnahmen entstanden. Der Film selbst (Kodak Tri-X 400) entspricht nicht 100%ig meinem Stil und meiner Vision für Analogbilder – der Kontrast ist mir zu hart und das Korn zu grob. Dies ist eine sehr subjektive Einschätzung und reine Geschmacksfrage. Als nächstes steht ein Ilford Mittelformat Film an und ich bin gespannt, wie die Ergebnisse im Vergleich werden. Den Ilford werde ich mit Boxspeed belichten und Entwickeln – einfach um eine Referenz zu haben. Von Beispielen, die ich gesehen habe, müsste mir der Film etwas mehr zusagen, wenn es dann um den richtigen Einsatz im Alltag geht…aber wir werden sehen.
Am Ende noch ein paar Gedanken die mir bei der Entwicklung gekommen sind. Besorgt euch einen Filmabstreifer! Ich hatte keinen und hatte einige wenige Wasserflecken auf dem Film – trotz Netzmittels. Das ist kein großes Problem und kann in Photoshop schnell gefixt werden. Aber je besser das Ausgangsprodukt, desto besser das Ergebnis am Ende.
Auch habe ich gestern und heute damit zugebracht, den besten Digitalisierungsweg für meinen Workflow zu finden. Hierzu wird es einen weiteren Artikel geben, weil es einiges zu beachten gibt.
Zu guter letzt gibt es jetzt noch die Bilder von dem Shoot. Hinterlasst mir gerne einen Kommentar oder stellt Fragen, falls etwas unklar geblieben sein sollte. Vielen Dank fürs Dabeibleiben und viel Erfolg beim selbst Entwickeln!